6. Oktober 2012

"Matta. Fiktionen" im Bucerius Kunst Forum

 
Plakat zur Ausstellung (©Bucerius Kunst Forum)
Es ist mal wieder ein typischer Hamburger Regentag. Nicht dieser Regen der den ganzen Tag in Fäden runter kommt, sondern ständig wechselt. Mal Starkregen, mal Sprühregen, dann hört er auf einmal ganz auf um dann wieder mit ordentlich Wind von der Seite zu kommen! Was gibt es da besseres als in eine Ausstellung zu gehen. Mein bzw. unser Ziel ist heute die Ausstellung von Roberto Matta (1911–2002) im Bucerius Kunst Forum.


Mit meinem Besuch aus Köln bin ich dann aber erstmal zu "meiner" Ausstellung "art meets music" in der Behörde an der Stadthausbrücke. Ich mag meine Bilder auch immer wieder dort im Treppenhaus anschauen. Und was dort eben auch immer wieder toll ist: Paternoster fahren. Mir war bis zu der Ausstellung in der Behörde für Stadtentwicklung garnicht bewusst, dass diese Art von Aufzügen noch in Betrieb sind. Ein Fahrt ist damit für mich auch eine kleine Fahrt in die Vergangenheit. Ich hatte früher so einen Bammel vor diesen Monstern, die einen in die Tiefe oder in die Höhe ziehen.

Theoretisch könnte man Stunden lang rauf und runter fahren ohne auszusteigen - Paternoster fahren!
Nach einem kleinen Fußmarsch durch die nicht wirklich hübsche Hamburger Innenstadt begeben wir uns zum Bucerius Kunst Forum. Die Ausstellungsfläche direkt neben dem Hamburger Rathaus ist meiner Meinung ein Juwel der Stadt. Es werden oft neue Wege gegangen oder es wird oft Gesehenes in neuem Glanz und mit neuen Fragen gezeigt. Die Ausstellungen sind groß genug, dass man darin eintauchen kann, aber eben nicht zu groß, um davon erschlagen zu werden.

Hamburger Schmuddelwedder
Die Wände im Bucerius Kunstforum sind dieses mal in Schwarz gehalten. Zu oft ist man in neutralen Räumen mit weiß getünchten Wänden. Ein Gedanke, wie würde es denn hier wirken, wenn die Farbe an der Wand rot, blau oder eben schwarz wäre drängt sich einem ab und an schon auf. Die "Farbe" im Bucerius bringt direkt beim Eintritt die Bilder zum Leuchten. Sie springen einen förmlich an. Die Ausstellungsräume sind neu aufgeteilt. Nicht in kleinen rechtwinkeligen Räumen, wie so oft in Ausstellungen, sondern mit ungleichmäßigen Formen.
Im unteren Stockwerk sind die Werke von Matta aus der Zeit der 40er bis 60er Jahre vertreten.Große Bilder, als Triptychon, als Einzelwerk oder mit Rundungen. Formen zerfließen. Die Bilder von Matta wirken zuerst zeitgenössisch, auch wenn sie zum Teil 70 Jahre alt sind. Die Farben könnten in Kollektionen der aktuellen Modelabels auftauchen. Gradlinige Strukturen wie auf dem Zeichenbrett eines technischen Zeichners, integriert in Abstrakte Teile und zudem Gegenständlichere Abschnitte. In der Audioführung wird immer wieder von Makro- und Mikrokosmus in den Bildern gesprochen. Und das passt sehr gut. Die Bilder haben etwas comicartiges, futuristisches und zugleich bodenständiges. Der Krieg wird thematisiert, aber auch die Zeit und ihre Technik. Menschen werden nur angedeutet. Die Bilder lassen jedem der möchte viel Raum für eigene Gedanken und Gefühle. Sie ziehen einen schnell in ihren Bann. Durch die Farben, Formen oder die Größe wirken sie, ob man sie nun mag oder nicht! 

Bucerius Kunst Forum
Ich bin überwältigt. Vor allem weil der Name mir zwar mal über den Weg gelaufen ist, aber ich mich bis jetzt nicht ansatzweise beschäftigt habe. Auch mit den anderen Surrealisten und ihr theoretischer Unterbau habe ich mich bis heute nicht auseinander gesetzt. Ein Bereich der für mich schnell erschlossen werden sollte. Als 18 Jähriger war ich begeistert von Dalí und René Magritte. Aber es waren alleine die Werke die mich damals begeisterten und weniger die Auseinandersetzung der einzelnen Künstler mit ihrem Genre. Aber Matta war eben auch nur eine bestimmte Zeit den Surrealisten zugetan, wurde von Ihnen abgelehnt und erweiterte seinen Stil. Denn eigentlich wollte er sich nicht auf eine Gruppe festlegen und sich die Freiheit erhalten. Matta setzte sich zudem intensiv mit der Abkehr der Malerei seines Freundes Marcel Duchamp auseinander. Die Gespräche mit ihm sollen Matta nachhaltig beeinflusst haben. (Einen spannenden Bericht zur Ausstellung und über Matta gibt es hier: Deutschlandfunk.de)



Im Oberen Stockwerk des Kunstforums dann ein doku-Film über Matta, die Kataloge zum in Ruhe durchschauen und der zweite Teil der Ausstellung. Spätere Werke. Großformatige, leidenschaftlich Bilder. Wenn die Bilder im unter Stockwerk einen noch nicht umgehauen haben, schaffen es diese auf alle Fälle. Man taucht förmlich ein. Und das ist was Matta scheinbar auch wollte, er wollte die Welt retten oder sie wenigstens verändern indem der Betrachter als Mensch in seinen Bildern lebt. Ob der Anspruch Wirklichkeit wird mag bezweifelt werden. Aber für den Moment schafft er es wenigstens bei mir. Ich tauche ab. Wenn es Bilder von anderen Künstlern gibt, bei denen man ab und an denkt "das ist doch unter halluzinogenen Substanzen geschaffen worden" ist das letzte Bild im Raum selber diese Droge. Mit fluoreszierenden Farben gemalt und mit Schwarzlicht beleuchtet fragt man sich schnell was man letzte Nacht so alles genommen haben könnte. Auch wenn man weiß, dass man nicht ansatzweise sowas konsumiert hat.

"Kommen sie rein, können Sie rausschauen!"
Die Ausstellung sei jedem empfohlen der gerne in Bilder und eine andere Welt abtaucht. Hier hat man wirklich die Gelegenheit. Rundum eine gelungene Ausstellung eines Künstlers, der bis jetzt zu Unrecht so wenig Beachtung in Deutschland gefunden hat.

Alstervögel!

Ausstellung "Matta. Fiktionen"
noch bis 6. Januar 2013





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