"Philip
Guston – Das große Spätwerk" in der Sammlung Falckenberg
Eine
Fahrt mit der S-Bahn über die Elbe Richtung Süden. Bei herrlichen
Sonnenuntergang an den Deichtorhallen, der Hafencity und dem
Oberhafenquartier vorbei. Mitten herein nach Harburg. Immer wieder
überraschend wir nah dieser Teil von Hamburg eigentlich ist. Diese
Fahrt hat zudem auch noch einen besonderen Grund. Die Sammlung
Falckenberg hinter dem Phönix-Center ruft wieder einmal zur
Ausstellungsbesichtigung. Zur Zeit wird das Spätwerk (1967 bis 1980)
von Philip Guston gezeigt.
Eigentlich
bin ich bereits bei den Eröffnungen in der Sammlung Falckenberg,
aber in der Woche war ich nicht in Hamburg und so auch nicht bei der
Vernissage. Was schnell wieder wett zu machen wäre. Ich habe mir
einen der ersten Termine für die Führung in den ehemaligen
Phönix-Werkhallen rausgesucht. Zur Zeit sind die Ausstellungen in
der Sammlung Falckenberg leider nur mit voriger Anmeldung und Führung
zu sehen. Ausnahme sind die Eröffnungstage, an denen genug
Aufsichtspersonal vor Ort ist und die Besucher durchs Haus schlendern
können.
Um
18 Uhr beginnt die Führung und kurz vorher sind auch alle
Angemeldeten da. Jedes mal wieder bin ich über die Räumlichkeiten
dieses Gebäudes begeistert. Der Industriecharme, die Sichtachsen und
die Weite des Gebäudes haben einen ganz eigenen Charakter. Gerne
würde ich hier mal eine Nacht eingeschlossen sein und die Räume
erobern.
Die
Kulturwissenschaftlerin Stefanie Reimers zeigt uns in der 90
minütigen Führung die Bilder des 1913 geborenen und 1980
verstorbenen Künstlers. Es sind die Werke aus den letzten 13 Jahren
seines Lebens. Frau Reimers erzählt begeistert über den Künstler
und versucht uns mit in ihre Interpretationen zu animieren. Wir
sollen eigene Ansichten zu zulassen und äußern, mutig sein und
keine Angst vor „Fehlern“ haben. Ich selber muss erst mal warm
werden mit dieser Art von Malerei. Zwar packt sie mich, aber ich kann
noch nicht viel dazu sagen. Die Welt da draußen ist noch zu nah und
die Welt hier drin noch zu weit weg
Die
kleinen Anekdoten und Einsortierung in die Kunstgeschichte macht die
Führung spannend. So erfahren wir, dass Guston am Tag abstrakt und
dann Nachts figürlich malt. Großartige Idee! Die Aussage, das Leben
wäre sowieso schon abstrakt genug um nur abstrakt zu malen
begeistert mich zudem. In der Zeit den ausgehenden 60er Jahre muss es
ein NoGo gewesen sein, figürlich zu malen – aber vielleicht macht
das genau dies das Besondere aus. Wenn man sich vorstellt, dass sich
scheinbar gute Freunde von Guston wegen seiner neuen Malweise
abgewendet haben – unvorstellbar (und auf alle Fälle bescheuert!)
Die
Bilder selber zeigen einen tiefgründigen Humor zwischen Trauer und
Witz. Seine fast kinderbuchartigen Bilder der Zeit bis 1973, mit dem
immer wiederkehrenden Thema Ku-Klux-Klan berühren sehr. Daneben
entstand ein spannender Nebeneffekt in meinem Kopf. Die in den
Bildern scheinbar stümperhaft genähten Mützen des Klans, erinnern
mich im ersten Moment an R2D2 (mit Mütze) aus StarWars. Einen
wirklichen Zusammenhang kann man aber wegen der zeitliche Abfolge
ausschließen (StarWars kam erst 1977 in die Kinos).
Der
schon angesprochenen Humor zeigt sich auch in der Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Malerkollegen. Er nimmt sie einfach nicht so
ernst. Er nimmt scheinbar alles nicht so ernst. Anders gesagt, er
begegnet dem Ernst oft mit eine ordentlichen Packung Humor und
Sarkasmus.
Die
späteren Bilder mit dem Motiv der Schuhe wurden von den Anwesenden
der Führung immer wieder mit dem Holocaust in Verbindung gebracht.
Wegen der jüdischen Herkunft Gustons (geborener Goldstein) und den
immer wieder angedeuteten Schuhbergen sicherlich naheliegend. Mir kam
aber bei der Betrachtung der Bilder viel stärker das Thema der Armut
in den Sinn. Eines zeigt einen im Bett liegenden Mann mit angezogenen
Schuhen. Dieses ist für mich eigentlich immer ein Zeichen für „auf
dem Sprung sein“ oder „nicht zur Ruhe kommend“. Auch dieses
lässt sich in der Biografie Gustons wiederfinden, er kam aus
wirklich armseligen Verhältnissen.
Die
Führung schaffte es dann auch bei mir, mich einfach mal
Spekulationen hinzugeben. Genau dieses hat der Künstler scheinbar
auch gewollt. Das Werk sollte offen bleiben für Interpretationen.
Diese „Erlaubnis“ des Künstlers gibt mir im Kopf seltsamerweise
wirklich Freiraum zum Denken und Ergründen. Eigentlich bräuchte ich
so eine „Erlaubnis“ doch nicht, aber sie hilft trotzdem. Die
immer wiederkehrenden Motiven (wie zum Beispiel Glühbirne,
Zigarette, Hände, Pinsel, Peitschen) geben weitere Anhaltspunkte für
Denkvorgänge.
90 Minuten sind einfach zu kurz. Diese
Ausstellung (und auch die der Vergangenheit) sprengen einfach die vorgegebene Zeit und daher hat mich die Ankündigung für erweiterte Öffnungszeiten sehr gefreut.
Die Führung selber war wie immer in diesem Haus hervorragend und lebendig.
Ich habe hier immer das Gefühl, das die Menschen, die die Führung
machen, selber voll und ganz begeistert sind. So macht Kunst
Spaß.
Infos:
Die Ausstellung geht noch bis zum 25.
Mai 2014
Eintritt 15€/12€
Die Preise sind sicherlich kein Schnäppchen - aber dafür immer mit Führung. Bei
den Eröffnungen ist zudem freier Eintritt und somit jedem möglich sich
die Bilder anzuschauen.
P.S. Wie immer sind bei mir bestimmt wieder ein paar Rechtschreib- und Satzstellungsfehler, zu wenige ",,," und der ein oder andere "komische" Satz. Aber das gehört bei mir wohl einfach dazu. Deshalb nicht schreiben? Pffff!