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dOCUMENTA (13) |
Der dritte Tag.
Der Tag zeigt sich grau,
mit leichtem Nieselregen und nicht wirklich warm. Im Radio versprechen
sie eine Besserung des Wetters im Laufe des Tage – ich hoffe mal, denn heute
steht vor allem die Karlsaue an. Der Park, der sonst als Ruhezone
während der letzten Documenta(s?) herhalten musste, wird dieses mal komplett
integriert ins Geschehen. Wir holen nach dem Frühstück und Unmengen
von Kaffee „unsere“ Räder und fahren Richtung
Orangerie/Karlsaue. Erstmal schauen und später dann noch eine
Tageskarte besorgen.
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Die einfachts Möglichkeit in Kassel Fahrräder auszuleihen: Konrad |
Beim ersten Punkt, einem kleinen Pavillon stehen
wir ohne Karte vor verschlossener Tür. Der nette Herr am Eingang
zeigt uns auf dem Übersichtsplan welche Punkte wir auch ohne Karte
besuchen könnten, es sind fast 2/3 der Werke in der Karlsaue! Also nehmen wir diese erstmal
ins Visier und schauen später dann, was wir noch schaffen wollen. Zuerst
kommen wir zu einem kleinen Apfelbäumen und verstehen mal wieder
erst nach der Lektüre unseres Begleitbuches was es damit auf sich
hat. Der Baum heißen KZ3 (bzw. Korbiniansapfel) und wurden von dem
Pfarrer und NS-Widerständler Korbinian Aigner im KZ Dachau
gezüchtet. Diese Pflanzung ist zu Ehren des Mannes, der in der
Todesmaschinerie neues Leben gegeben hat. Beeindruckend ist für
mich, dass ich erst den Baum betrachtete und dachte „und was soll das
jetzt?“ und dann fast ehrfürchtig davor stand. Ein Denkmal, das
wachsen und Früchte schenken wird.
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KZ-Äpfel |
Über viele Werke, die
wir an diesem dritten Tag gesehen haben, werde ich nicht viel
erzählen (weil es einfach den Rahmen sprengen würde). Aber einige möchte ich dann doch genauer beschreiben:
Die Uhr am Hirschgraben, den Hundespielplatz, die Holz-Konstruktion
aus Galgen, die Installation in der Kompostieranlage, dem
verrückten Haus von Shino Ohtake, dem gekrümmten Tunnel, die
Mangold-Fähre, der Soundinstallation im Wald sowie Baum mit
Stein. (Übrigens: die drei Werke Wave, Hügel und Baumreihe sind
schon im
zweiten Teil meines Berichtes über die dOCUMENTA (13)
beschrieben)
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Die verdrehte Uhr am Hirschgraben |
Die verschoben Uhr von
Anri Sala kennt sicherlich der einige oder andere von Bildern zur
dOCUMENTA (13). Sie steht am Ende des Hirschgrabens und hat „direkte
Sicht“ auf die Orangerie. Durch Veränderung des Standpunktes wirkt
die Uhr mal wie ein Kreis, mal wie eine Ellipse und an anderer Stelle
weiß man gar nicht mit was für einer Form man es zu tun hat. Was
uns beeindruckt hat war auch die mechanische Raffinesse. Zwischen zwölf und sechs Uhr bestehen keine 180° und damit kann die Uhr nicht
rund laufen. Vereinfacht gesagt, bei den ersten sechs Stunden müssen die Zeiger schneller
laufen und bei den weiteren sechs dann langsamer. Wir haben uns etwa eine
halbe Stunde Zeit gelassen um zu schauen ob es auch wirklich
hinkomme. Und das Ergebnis ist nicht überraschend, denn es funktioniert.
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hier ist die dOCUMENTA (13) also auf den Hund gekommen |
Ein weiteres Objekt ist
der Hundespielplatz. Was für ein Aufreger am Anfang der dOCUMENTA
(13). Nun wäre die Ausstellung in Kassel "auf den Hund gekommen" oder
es würde jetzt sowieso keiner mehr die Ausstellung ernst nehmen. Das was am Anfang so oft besprochen wurde, ist dann doch nur ein kleines Areal am Ende der Karlsaue. Nun
ja, Skulpturen auf denen Hunden spielen, irgendwie nicht meines. Aber
deshalb die ganze Ausstellung zu Grabe zu tragen, wäre dann doch etwas sehr
übertrieben.
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Die grüne dOCUMENTA (13) Bibel |
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Kassler Häuserwand |
Was mich dagegen sehr
beeindruckt hat, war die Galgen-Konstruktion (Gallows Composite A-E,
2008 – 2009) von Sam Durant. Mitten in der Karlsaue ist die
Installation, die eher wie ein großes Klettergerüst anmutet und auch
genau dazu ermutigen will. Die Holzkonstruktion die durch
Metallstrebe etwas erhöht wurde, ist eine Ansammlung von
Galgennachbauten. An den Originalen hat unter anderem Saddam Hussein
sein Leben verloren. Aus diesen Tötungsmaschinen ein
Klettergerüst zu machen ist eine wunderbare Idee.
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Galgen als Klettergerüst |
Eine Installation in der
Kompostieranlage des Karlsaue wirkt auf den ersten Blick als das
reine Chaos. Ein Hund mit Farbe läuft Kreuz und Quer über die Anlage. Eine liegende Frauenskulputur
ohne Kopf, aber dafür mit einem Bienennest an der Stelle. Zudem Schutt, Abfall und
Unkraut. Ein Ort, der einen erst chaotisch begrüßt und dann ratlos
zurück läßt. Beeindruckend ist schon wie der ganze „Raum“
bespielt wird und irgendwie stellt sich mir die Frage: Gibt es eine
Ordnung im Chaos?
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"falscher" Hund in der Kompostieranlage |
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"Richtiger" Hund in der Kompostieranlage |
Beim nächsten Objekt
kann man sich ähnliches Fragen, aber hier gibt es eine klarere Antwort:
Keine Ordnung im Chaos! Das verrückte Haus von Shinro Ohtaka ist
zusammengezimmert aus Türen und Fenstern. Innen drin wirkt alles
durcheinander: Überall kleine LED
Bildschirme, die Bilder zeigen; Eine E-Gitarre, die mechanisch
angezupft wird; Übergroße Bücher auf dem Boden. Spannendes durcheinander. Aber was soll das?
Es ist eines von vielen Stücken die einen mit offenen Fragen zurück lassen bzw. nicht mal einfache Fragen beantworten. Ich und
mein Begleiter diskutieren noch einige Zeit über den Satz,
der im grünen Buch (Seite 284) steht: „Der durch
seine an ein Sammelalbum erinnernde Gestalt und die verschiedenen
Klangfragmente dynamisierte Raum funktioniert als lebendiges
Selbstportrait nicht nur des Künstlers, sondern auch des Besucher,
die ihn erleben.“ Also von jedem ist das Selbstbildnis im Werk? Ist
das Spiegelbild damit gemeint oder was? Es werden mehr Fragen als weniger!
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Jeder findet angeblich in dem Werk sein Selbstbildnis - ich habe es gefunden! |
Danach kommen wir an dem
gekrümmten Tunnel von Gabriel Lester vorbei. Ein nicht ganz
vollständiger Kreis als Tunnel von etwa 270°. Wenn man an dem
einen Ende reingeht, kommt man am anderen Ende eigentlich am gleichen
Ort wieder raus. Der Tunnel selber gibt einem im Inneren schon ein
spannende Raumgefühl, vor allem wenn man versucht den Eingang und
den Ausgang gleichzeitig zu erblicken. Ein witziges Gespräch über
die Möglichkeiten solche Objekte zu fotografieren folgt mit einem
mit Jesus-Latschen besohlten Besucher.
Einen der schönsten
Namen auf der dOCUMENTA (13) hat die Installation „Die
Mangold-Fähre (Der Russe kommt nicht mehr über die Fulda)“.
Mobile-Brücken (hier nun vom THW) wurden mit Mangold bepflanzt
und als Weg über einen der Gräben gelegt. Einer der Aufpasser (es
durften nur höchsten 20 Leute auf die „Brücke“) erklärte uns
was es mit dem Namen auf sich hat. An der ehemaligen Grenze zwischen
der DDR und der BRD gab es Pläne der Roten Armee im Kriegsfall mit
mobilen Brücken die Fulda zu überqueren. Diese Pläne wurden wie bekannt glücklicherweise nie umgesetzt. Jetzt
aber die ehemaligen Kriegsgeräte als Brücken mit Lebensmitteln zu
bestücken, ist eine lobende Umkehr der Funktion.
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In der Mitte vom gekrümmten Tunnel mit Sicht zu beiden Ausgängen. |
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Klanginstallation im Wald |
Das Erlebnis was ich wohl
nie vergessen werde, ist die Soundinstallation im Wald von Janet
Cardiff & George Bures Miller mit dem Namen „for an thousend
years“. Man wurde eingeladen in einem Wäldchen Platz zu nehmen und
einem besondern Sounderlebnis beizuwohnen. Kindergeschrei,
marschierende Truppen, Gesänge, Züge und vieles andere kommt so nah
an einem Vorbei und man hat das Gefühl es wäre auch wirklich da.
Gerade wenn man die Augen öffnett, kommt einem die Situation extrem
Surreal vor. Die Geräusche wirken real, passen aber natürlich
überhaupt nicht mit den visuellen Eindrücken zusammen..
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geruhsame dOUMENTA (13) |
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Einer dafür, einer dagegen und einer vermitelt! (nicht mein Thema, aber meines Begleiters) |
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Besuchermangnet "Der Stein im Baum" |
Mittlerweile ist es schon
später Nachmittag und wir haben uns die ganze Zeit in der Karlsaue
ohne Karte aufgehalten. Wir merken beide, die Konzentration lässt
nach und die Aufnahmekapazität erst recht. Wir begeben uns noch zu
dem Bronze-Baum der einen Findling trägt von Giuseppe Penone. Dort
ruhen wir ein wenig aus und merken, das hier und heute für uns Schluss
ist. Wir holen das Gepäck und halten uns bis zu Abfahrt noch am und
um den Bahnhof auf. Wir beiden sind mittlerweile eher Mundfaul
(passiert uns eher selten) und freuen uns auf Hamburg.
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Monopolmagazin zur dOCUMENTA (13) als Kleid |
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am Rande der Kunstschau |
Drei Tage dOCUMENTA (13)
haben genau das gebracht was ich mir erwünscht habe. Viel Input,
viele neuen Aspekte der modernen Kunst, eintauchen in eine andere
Welt und die Beschäftigung mit umfangreichen und manchmal spannenden
Konzepten. Die Umsetzung dieser Konzepte und Ideen war manchmal
überraschend, manchmal nicht nachvollziehbar, aber oft eben auch genial! Wenn ich kann, werde ich in 5 Jahren wieder dabei sein! Danke Kassel, danke
documenta!
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Für uns Ausgangs und Endpunkt: Der Kulturbahnhof! |
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...und Tschüss |
Nochmal die gleich Anmerkung wie in Teil 1 und 2: Es ist
natürlich nur ein bescheidener Versuch das zu beschreiben, was ich bei
dieser großen Kunstausstellung gesehen, erlebt oder auch gefühlt
habe. Zudem sind mir meine Rechtschreibfehler, grammatikalischen
Ungenauigkeiten und Sprünge in den Zeiten mittlerweile liebgewonnene
Begleiter geworden.
dOCUMENTA (13) Teil 1
dOCUMENTA (13) Teil2
Guten Morgen. Deine Bilder sind wirklich toll geworden. Ich selbst lebe in Kassel un besuchte die Documenta ganze 6 Mal. Welches Werk hat dich am Meisten beeindruckt? Bei mir wars dann doch die Klanginstallation in der Aue. Wirklich interessant. :-)
AntwortenLöschenHallo Ina, ich muss ehrlich sagen es gab zu viele Werke die mich beeindruckt haben um zu sagen welches jetzt das absolute Highlight war! Die Klanginstallation in der Aue war dabei aber ganz weit vorn! Vielleicht waren es aber auch die Skulpturen von Adrián Villar Rojas am alten Weinberg die mich nachhaltig beeindruckt haben (weißt Du was jetzt damit passiert?). Gruß René
AntwortenLöschenHi! Als ich heute von der Arbeit nach Hause gefahren bin, stand ein Kran am Weinberg und hat die Skulpturen heruntergehoben. Die Stadt Kassel hat ja nicht allzuviele Kunstwerke gekauft. Diese Skulpturen fand ich aber auch klasse. Die Bienenfrau fand ich schräg, der Anblick hat mir im ersten Moment ein bisschen Angst eingeflöst. ;-)
AntwortenLöschenMomentan sind aber wieder Kunstwerke in Kassel; die des Künstlers Bi Heng. Wenn es dich interessiert, hier ein Link zur regionalen Zeitung: http://www.hna.de/nachrichten/stadt-kassel/kassel/kunst-china-rollt-2514930.html
Ich werde die nächsten Tage auf meinem Blog darüber berichten.
Schönen Abend noch.
Ina